Ich kann es kaum glauben, aber es macht mir wirklich Spaß meine Erfahrungen aus den Bewerbungsgesprächen hier aufzuschreiben. Es kommt mir vor, als wäre das alles erst gestern gewesen. Apropos Zeit und wie schnell sie vergeht: Ich hatte auch letzte Woche wieder kurz vergessen, wie alt ich eigentlich bin. Schlimm sowas. Liegt vielleicht auch an der momentanen Situation. Aber ich schweife ab. Eines der Bewerbungsgespräche, sticht durch seine Schwierigkeit hervor. Es war wirklich das schwerste und intensivste von allen. Deshalb möchte ich nun auch davon berichten. Manchmal kann man versuchen, sich gut auf das Gespräch vorzubereiten, aber es reicht nicht. Das hatte ich bei diesem Gespräch. Ich hatte ein paar Sachen gelernt und konnte sogar etwas davon anwenden, aber naja… es war nicht genug. Doch beginnen wir am Anfang.
Ich war zu früh da. Das ist typisch für mich. Vor allem, wenn es um wichtige Termine geht. Einer der Verantwortlichen hat mich im Flur sitzen sehen und sich gewundert. Sehr gewundert. Dabei war es gar nicht soo viel früher. Egal. Ich wurde dann in das Nebenbüro gerufen. Dort musste ich unter Aufsicht einen Zeitungsartikel lesen. Ich durfte mir dabei auch Sätze markieren. Dafür hatte ich zehn Minuten Zeit. Und die vergingen wie im Flug. Die Schriftgröße war klein und der Text war zäh. Es ging um eine Automarke und deren Verkaufszahlen. Super interessant. Als die Zeit abgelaufen war, wurde ich in einen größeren Raum gerufen, in dem mich vier Mitarbeitende erwarteten. Einer davon war der Geschäftsführer.
Und natürlich wurde nicht zuerst über den Artikel gesprochen. Das wäre ja auch zu einfach. Nein. Der war als letztes dran. Am Anfang wurden mir viele Fragen gestellt. Von denen weiß ich allerdings nur noch ein paar. Ich musste unter anderem die Steuerarten aufzählen, die ich kenne. Von denen hatte ich zum Glück ein paar auswendig gelernt. Das Problem war nur, dass darunter auch die Körperschaftssteuer war. Und dann sollte ich die erklären, da ich die ja nennen konnte. Blöd gelaufen. Ich hatte keine Ahnung. Jedes mal, wenn ich etwas nicht wusste, wurde so etwas gesagt wie: “Ich weiß, dass Sie das wissen.” Das hat das Ganze dann auch nicht besser gemacht. Schön, dass dieses Wissen von mir erwartet wurde, aber das ändert auch nicht, dass ich das nicht weiß. Dann wurde gefragt, wo die Ausbildungsstelle ist. Das konnte ich sagen. Danach wurde aber direkt gefragt, ob ich denn weiß, in welcher Himmelsrichtung das ist. Da war ich aber richtig aufgeschmissen. Ich musste natürlich eine Antwort geben und sie war natürlich auch falsch. Das waren die Highlights der Fragen, an die ich mich noch erinnern kann. Nach diesen Fragen war ich schon völlig fertig.
Es gab dann noch so eine Art Rollenspiel, aber das war jetzt nicht besonderes. Besonders war dann eher wieder die Besprechung des Zeitungsartikels, die danach kam. Vom Geschäftsführer selbst. Ich durfte den Artikel mitnehmen und auch herumblättern, aber das half einem in der kurzen Zeit auch nicht. Vor allem nicht, weil auch Zahlen abgefragt wurden. Verkaufszahlen oder wieviel Verlust gemacht wurde. Natürlich habe ich die Stelle, an der die Zahlen standen auch nicht so schnell wiedergefunden. Und dann kam natürlich, was kommen musste: Dann schätzen Sie doch mal. Super. Schätzen. Damit hatte ich ja schon so gute Erfahrungen gemacht. War natürlich wieder meilenweit an der richtigen Zahl vorbei.
Meine Leistung hatte anscheinend noch für die Warteliste gereicht. Das hat mich schon gewundert. Ich frage mich immer, ob diese ganze Quälerei wirklich notwendig ist. Vielleicht gibt es Leute, die sich diesen ganzen Zeitungsartikel in der kurzen Zeit merken können. Das ist bewundernswert. Auch, wenn schon viel Wissen über den Arbeitgeber und so da ist. Aber vieles lernt man halt auch erst im Studium. Dafür ist es ja da. Es dann schon im Bewerbungsgespräch abzufragen, wenn man jemanden hat, der kurz vor dem Abitur steht und noch keine anderen Erfahrungen sammeln konnte…. Ich weiß ja nicht, ob das sein muss. Vielleicht ist das aber auch die Masche und man fischt sich so alle Diamanten heraus, die sich super auf die Gespräche vorbereiten. Egal. Ist ja nicht meine Entscheidung und ich bin im Endeffekt auch wieder froh, dass ich dort nicht gelandet bin. Zu viele Zahlen…
© Lisa Koscielniak and Lisas Gedankenbutze